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Als ich mich intensiver mit der Bhagavad-gita beschäftigte, stieß ich auf eine fundamentale Erkenntnis, die mein spirituelles Leben veränderte. Krishna zeigt uns im 16. Kapitel mit bemerkenswerter Klarheit zwei grundlegende Wege: Den Pfad der göttlichen Eigenschaften, der uns zu höherem Bewusstsein führt, und den der dämonischen Neigungen, der uns in die Dunkelheit zieht.
Was mich dabei besonders berührte: Krishna gibt uns ein wunderbares Versprechen. Wenn wir aufrichtig versuchen, dem göttlichen Pfad zu folgen – selbst mit all unseren Unvollkommenheiten – wird Er persönlich eingreifen, uns beschützen und dafür sorgen, dass wir nicht untergehen.
Ich bin immer wieder fasziniert, wenn ich die Liste der göttlichen Eigenschaften lese, mit der Krishna das 16. Kapitel beginnt:
„Furchtlosigkeit, Reinheit des Herzens, Wissen in Verbindung mit Hingabe, Wohltätigkeit, Selbstbeherrschung, Opferbereitschaft, Studium der Veden, Askese, Einfachheit, Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Freiheit von Zorn, Entsagung, Ausgeglichenheit, Abneigung gegen Fehlersuche, Mitgefühl für alle Lebewesen, Freiheit von Gier, Freundlichkeit, Bescheidenheit, unerschütterliche Entschlossenheit, Kraft, Vergebung, Standhaftigkeit, Reinlichkeit sowie Freiheit von Neid und vom Verlangen nach Ehre – diese transzendentalen Eigenschaften gehören zu den göttlich veranlagten Menschen.“ (BG 16.1-3)
Diese göttlichen Eigenschaften erheben unser Bewusstsein und führen schrittweise zur Befreiung aus der materiellen Verstrickung. Ich erlebe in meinem eigenen Leben, wie die Kultivierung dieser Eigenschaften mich verändert. Wir werden zunehmend wahrhaftiger – aufrichtiger in Gedanken, Worten und Taten. Unser Mitgefühl wächst, und wir erkennen das Leid anderer und wollen es lindern. Unser Herz wird reiner, frei von hinterhältigen Motiven und Selbstbetrug. Wir erlangen mehr Selbstbeherrschung und können unsere Sinne lenken, statt von ihnen gelenkt zu werden. Wir werden bescheidener, legen falschen Stolz ab und sind bereit, von jedem zu lernen. Und wir werden großzügiger, bereit zu teilen und zum Wohl anderer beizutragen.
Im Kontrast dazu beschreibt Krishna die dämonischen Eigenschaften:
„Übermäßiger Stolz, Arroganz, Einbildung, Zorn, Grobheit und Unwissenheit – diese Eigenschaften gehören zu jenen mit dämonischer Natur.“ (BG 16.4)
Und weiter:
„Die dämonischen Menschen wissen nicht, was getan werden soll und was nicht. Weder Reinheit noch richtiges Verhalten noch Wahrhaftigkeit ist in ihnen zu finden.“ (BG 16.7)
Wenn ich diese Verse lese, erkenne ich diese Eigenschaften in unserer modernen Gesellschaft, aber manchmal auch in mir selbst. Menschen mit dämonischen Neigungen glauben, die materielle Welt sei alles, was existiert. Sie handeln getrieben von unstillbarer Begierde und Verlangen. Sie sind stolz, arrogant und selbstsüchtig. Sie empfinden Neid auf den Erfolg anderer, sind oft zornig und gewalttätig und täuschen andere und sich selbst.
Krishna warnt, dass diese Eigenschaften zu Verwirrung, Leid und wiederholter Geburt in niedrigeren Lebensformen führen. Das ist keine Drohung, sondern einfach eine natürliche Konsequenz unserer Handlungen und Bewusstseinsausrichtung.
Während ich die Unterscheidung zwischen göttlichen und dämonischen Eigenschaften hilfreich finde, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein kann, durchgehend auf dem göttlichen Pfad zu bleiben. Genau hier kommt Krishnas wunderbare Zusicherung ins Spiel. In Kapitel 9, Vers 31 verspricht Er:
„Verkünde kühn, o Arjuna, dass Mein Geweihter niemals untergeht. Selbst wenn jemand vom schlechtesten Verhalten ist, aber in hingebungsvollem Dienst beschäftigt ist, sollte er als heilig angesehen werden, denn er ist richtig entschlossen.“ (BG 9.31)
Krishna betont auch die Wichtigkeit, unserer eigenen Natur und Pflicht (Svadharma) zu folgen:
„Es ist besser, die eigene Pflicht unvollkommen auszuführen, als die Pflicht eines anderen perfekt zu erfüllen. Wenn man die vorgeschriebenen Pflichten erfüllt, die der eigenen Natur entsprechen, begeht man keine Sünde.“ (BG 18.47)
Diese Verse haben mir persönlich sehr geholfen zu verstehen, dass es nicht darum geht, zum Übermenschen zu werden. Es geht darum, unseren individuellen Weg zu gehen, unsere eigenen Fähigkeiten zu nutzen und unser Bestes zu geben – mit dem, was wir verstanden haben und umsetzen können.
Als jemand, der sich berufen fühlt, als Philosoph, Lehrer und spiritueller Coach zu wirken, spüre ich diesen Aspekt besonders stark. Manchmal drängt uns die Gesellschaft in eine andere Richtung oder legt uns Steine in den Weg. Die materialistische Welt schätzt oft materiellen Erfolg mehr als spirituelles Wachstum und Weisheit.
Doch Krishna versichert uns: Wenn wir unserem Svadharma folgen – unserer natürlichen Berufung und spirituellen Pflicht – wird Er uns beschützen, selbst wenn wir dabei auf Hindernisse stoßen.
Ich liebe die Stelle im Bhagavatam, wo Krishna dieses Versprechen noch deutlicher bekräftigt:
„Ich erhalte stets jene, die Mir mit ungeteilter Hingabe dienen und in allen Situationen an Mich denken, indem Ich ihnen gebe, was sie brauchen, und bewahre, was sie haben.“ (SB 9.4.68)
Dabei erinnere ich mich an die wunderbare Geschichte vom Bau der Brücke nach Lanka zur Zeit Ramachandras. Die riesigen Affenkrieger schleppten massive Felsbrocken herbei, um die Brücke zu bauen. Dann kam eine kleine Ameise mit einem winzigen Sandkorn. Jemand lachte und meinte, sie solle es sein lassen. Doch Ramachandra wies ihn zurecht: „Diese Ameise hat im Verhältnis einen größeren Stein beigetragen als ihr alle.“
Diese Geschichte berührt mich tief, denn sie zeigt: Es kommt nicht auf die absolute Größe unseres Beitrags an. Krishna braucht nichts von uns – die gesamte Schöpfung existiert durch Seine Kraft. Es ist ein atheistischer Irrglaube, dass wir als Einzelne oder als Gemeinschaft diese Welt zusammenhalten. In Wahrheit ist es Krishna, der als Vishnu in jedem Moment jeden Aspekt der Schöpfung erhält.
Jedes Molekül wird von Seiner lebendigen Energie durchdrungen und aufrechterhalten. Wir sind nicht die Erhalter dieser Welt, sondern Er ist es. Unsere wirkliche Pflicht ist es, diese Wahrheit zu leben, unseren Teil davon anzunehmen, so weit wir ihn verstehen können.
In meinem eigenen Leben frage ich mich oft, wie ich diese Lehren praktisch anwenden kann. Ich habe gelernt, dass es mit ehrlicher Selbstbeobachtung beginnt – ich muss erkennen, welche göttlichen und dämonischen Tendenzen in mir selbst vorhanden sind. Das erfordert Mut und Aufrichtigkeit.
Jeden Tag stehe ich vor der bewussten Entscheidung, die göttlichen Eigenschaften zu stärken. Das ist keine einmalige Entscheidung, sondern ein täglicher Prozess des Wählens. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht.
Was mir am meisten hilft, ist das Vertrauen in Krishnas Schutz. Selbst wenn ich Fehler mache oder auf Hindernisse stoße, weiß ich, dass Krishna meine aufrichtige Absicht sieht und mich beschützen wird. Diese Gewissheit gibt mir die Kraft weiterzumachen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, meine wahre Berufung zu finden und meinem Svadharma zu folgen – meiner spirituellen Bestimmung, auch wenn der Weg nicht immer einfach ist. Und schließlich hilft es mir sehr, mich mit Gleichgesinnten zu umgeben, mit Menschen, die ebenfalls göttliche Eigenschaften kultivieren.
Was ich auf meinem spirituellen Weg gelernt habe: Krishna erwartet nicht, dass wir über Nacht vollkommen werden. Der spirituelle Pfad ist ein Prozess, eine Reise. Was zählt, ist unsere aufrichtige Bemühung und unser Vertrauen in Ihn.
Wenn der Teil, den wir verstehen, einfach nur darin besteht, Krishna als Gott anzuerkennen und ganz normal unserer Arbeit nachzugehen, dann ist das unser Teil, den wir erfüllen können. Wenn wir die Philosophie tiefer verstehen und mehr tun können, dann können wir mehr machen.
Wie mein verehrter Gurudev, Srila Bhaktivedanta Narayana Goswami Maharaja, oft betonte: „Bhakti ist ein Prozess des Werdens.“ Wir werden nicht sofort vollkommen, aber wenn wir aufrichtig auf dem Pfad des hingebungsvollen Dienstes voranschreiten und versuchen, göttliche Eigenschaften zu kultivieren, wird Krishna selbst eingreifen und uns beschützen.
Es geht einfach darum, Krishnas Schutz anzunehmen, sich Ihm anzuvertrauen und den Teil, den wir verstehen, so gut wie möglich umzusetzen – für uns selbst, ohne uns mit anderen zu vergleichen. In einer Welt, die zunehmend von asurischen Tendenzen durchdrungen ist, ist dieses Wissen wie ein Leuchtturm der Hoffnung. Krishna gibt uns nicht nur eine klare Unterscheidung zwischen dem, was erhebend und dem, was degradierend ist, sondern auch die wunderbare Zusicherung Seines persönlichen Schutzes für jene, die aufrichtig bemüht sind, den göttlichen Pfad zu gehen.
Dies ist ein persönlicher Editorial Artikel von Jay Gopa D.
Er basiert auf den Lehren von Bhakti Yoga, wie es in der Bhagavad Gita gelehrt wird.